Grußwort von Stephanie Lose, Süddänische Regionsratsvorsitzende

Stephanie Lose

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident Tovar, sehr geehrte Frau stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Heinold, sehr geehrte Frau Geschäftsführerin der Løgumkloster Højskole Dieterich-Pedersen, sehr geehrter Herr Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung Scheelje, und sehr geehrte Damen und Herren, die Sie Institutionen und Unternehmen vertreten, für die die deutsch-dänische Grenzregion von Bedeutung ist.

Ich freue mich, Sie als Schirmherrin des Projekts und Vorsitzende der Region Süddänemark zu dieser Veranstaltung begrüßen zu können, die sich in vielerlei Hinsicht grundlegend von den Veranstaltungen unterscheidet, die ich normalerweise eröffne und auf denen ich sonst spreche.

Klassischerweise möchte ich nach vorne zeigen und berichten, wie visionär und problemlösend wir in der Region arbeiten. Und stets liegt mir am Herzen, wie viele interessante Projekte es für die Zukunft gibt.

Heute jedoch haben wir uns hier versammelt, um darüber zu beraten, welche Bedeutung große historische Ereignisse und deren Würdigung für unsere gemeinsame Zukunft und unsere gemeinsame Erinnerung haben. Diesen Austausch und die gemeinsamen Überlegungen können wir nämlich für die Weiterentwicklung der deutsch-dänischen Grenzregion nutzen.

Um es mit den oft zitierten Worten von Søren Kierkegaard zu sagen: „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“ Und genau das ist es, was eine Veranstaltung wie diese und das Projekt in seiner Gesamtheit visualisiert und konkretisiert.

Für die Region Süddänemark und das, was früher Sønderjyllands Amt hieß, war die deutsch-dänische Zusammenarbeit immer von großer Bedeutung und genoss besondere Aufmerksamkeit. Bei manchen könnte man fast von Liebe sprechen. Denn Kultur, Sprache und Werte, Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze und nicht zuletzt die historischen Ereignisse, die die Familien oder die Dörfer beeinflusst haben, wirken sich natürlich auch auf den Einzelnen aus.

Zweifellos hat die Würdigung des 100. Jahrestags der Wiedervereinigung unterstrichen, welch großes historisches Ereignis es für das „damalige Süddänemark“ war, dass die Grenze verschoben wurde.

Diese Würdigung machte mit Bildern, Geschichten und an besonderen Orten die Geschichte sichtbar und greifbar. Für die heutige Generation wurde die gemeinsame Geschichte dadurch viel verständlicher.

Auch deshalb war es wunderbar, dass man sich von deutscher Seite mit uns darüber freuen konnte, dass wir trotz feststehender Grenzen und trotz Differenzen länderübergreifend zusammenarbeiten – und dass wir uns einig sind, diese Zusammenarbeit in Zukunft weiter auszubauen.

Das Ziel des Erinnerungsparlaments, die Verbindung zwischen den Menschen in der deutsch-dänischen Grenzregion zu stärken, ist daher auch eine gute Fortsetzung des bestehenden Engagements der Region Süddänemark, unter anderem in den Bereichen Kultur und Bildung. In der Verflechtung unserer historischen Wurzeln, den nationalen und kulturellen Unterschieden bei hochaktuellen Themen, liegt mit Sicherheit ein enormes Potenzial.

Erst gestern war ich auf einer Bürgerversammlung in Apenrade, wo eben dieses Potenzial des Grenzlandes thematisiert wurde und es viele gute Beiträge und Neuvorschläge gab. Und hier ist mir klar geworden, dass es für unser gemeinsames Grenzland nicht wenige gleichlautende Ziele gibt.

Die gemeinsame Geschichte und die umfangreiche kulturelle und soziale Zusammenarbeit, die seit der Wiedervereinigung auf beiden Seiten der Grenze und über sie hinweg stattgefunden hat, hat also Früchte getragen.

Wir sind uns einig, dass Wissen und Können und technologischer Fortschritt unter anderem von einem hohen Bildungsniveau getragen werden. Vor allem auch, wenn es um die grüne Wende geht. Die Einrichtung eines deutsch-dänischen Ingenieursstudiengangs in Sonderburg und Flensburg sowie die mittlerweile sechste Generation des Interreg-Programms zeugen davon, dass wir an wichtigen Strukturen für unsere gemeinsame Zukunft zielgerichtet zusammenarbeiten können.

Die aktuelle Situation in der Ukraine lässt sich nur schwerlich umgehen, wenn es heute darüber zu sprechen gilt, wie wir unser gemeinsames historisches Erbe über eine Grenze hinweg betrachten, über die sich unsere beiden Nationen vor mehr als 100 Jahren ebenfalls uneinig waren. Wir haben guten Grund, sehr stolz zu sein, sehen aber auch die Verpflichtung, diese deutsch-dänische Grenzregion stets zu schützen. Sie verdient es, in aller Bescheidenheit, ein europäisches Vorbild für das friedliche Zusammenleben und die Einbettung zweier nationaler Minderheiten in die politischen Systeme der jeweils anderen zu sein.

Vorbildlich, weil es uns ermöglicht, moderne Problemstellungen aufzugreifen und zu lösen, die fast immer grenzübergreifend sind und sich daher nicht lösen lassen, indem man sich ausschließlich auf den nationalen Blickwinkel und eine isolierte Lösung konzentriert. Denken Sie nur an Umwelt, grüne Wende, Energie und Versorgungssicherheit. All dies beschäftigt uns sowohl nördlich als auch südlich der Grenze und hat großes Potenzial, in einer Zusammenarbeit gelöst zu werden.

Abschließend möchte ich allen jungen Menschen danken, die bei dieser und zukünftigen Veranstaltungen Zeit und Energie darauf verwenden, die deutsch-dänisch Geschichte kennenzulernen und Anregungen für die Zukunft zu geben. Denn das brauchen wir! Das Gute an der Geschichte ist, dass sie überliefert werden kann, aber auch in ein Verständnis integriert werden kann, dass wir durch ein gemeinsames Verständnis und eine ständige Neugier auf die Erfahrungen des anderen auf etwas aufbauen und Neues schaffen können.

Danke, dass Sie mir das Wort erteilt haben und danke dafür, ein Teil dieser wichtigen Arbeit zu sein.



Stephanie Lose